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Das seit 1.7.2018 gültige 2. Erwachsenenschutzgesetz (2. ErwSchG) stellt Autonomie und Selbstbestimmung für Menschen mit Beeinträchtigungen in den Mittelpunkt. Je nachdem, wie eingeschränkt die Entscheidungsfähigkeit - die jetzt anstelle der Einsichts- bzw. Urteilsfähigkeit tritt - (siehe ABGB § 24) der betroffenen Person mit einer psychischen Erkrankung oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung ist, sieht das Gesetz vier Möglichkeiten der Vertretung vor:
1. die Vorsorgevollmacht,
2. die gewählte Erwachsenenvertretung
3. die gesetzliche Erwachsenenvertretung und
4. die gerichtliche Erwachsenenvertretung.

Die ersten drei Vertretungsformen können bei Notaren, Rechtsanwälten oder einem Erwachsenenschutzverein (Vertretungsnetz) errichtet werden und müssen in das Österreichische Zentrale Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) eingetragen werden. Die vierte und letzte Möglichkeit der gerichtlichen Erwachsenenvertretung kann durch Anregung an das zuständige Bezirksgericht erwirkt werden.

Es empfiehlt sich, eine Vorsorgevollmacht zu errichten. Die Erwachsenenvertretung soll nur als letztes Mittel eingesetzt werden und die betroffene Person in ihrer Handlungsfähigkeit so wenig wie möglich einschränken.

Vorsorgevollmacht

Jeder Erwachsene hat die Möglichkeit, für den Fall, dass er in Zukunft bestimmte Angelegenheiten nicht mehr alleine regeln kann, einer Person, zu der er besonderes Vertrauen hat, vorsorglich eine Vollmacht zu erteilen, als Vorsogebevollmächtigter für sie zu entscheiden und sie zu vertreten.
Diese Vorsorgevollmacht tritt erst beim späteren Verlust der Handlungsfähigkeit in Kraft.

Formular Vorsorgevollmacht | Weitere Informationen erhalten Sie bei Ihrem Notar

Gewählte Erwachsenenvertretung

(Erweiterung der früheren Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger)
Liegt geminderte Entscheidungsfähigkeit vor und besteht keine Vorsorgevollmacht, die betroffene Person versteht aber noch, was es bedeutet eine Vertretungsperson zu haben, und will dies auch, so kann diese mit einer ihr nahestehenden Person vor einem Notar, Rechtsanwalt oder einem Erwachsenenschutzverein eine schriftliche Vereinbarung über den Umfang der Vertretungsbefugnis abschließen.

Gesetzliche Erwachsenenvertretung

Wenn eine erwachsene Person ihre Angelegenheiten aufgrund einer psychischen Krankheit oder vergleichbaren Beeinträchtigung der Entscheidungsfähigkeit nicht mehr ohne Gefahr, sich selbst zu schaden, alleine besorgen kann und nicht mehr selbst einen Vertreter wählen kann oder will, so können nächste Angehörige1) zum gesetzlichen Erwachsenenvertreter bestellt werden. Dazu muss ein ärztliches Zeugnis vorliegen, das das Vorliegen aller drei vorgenannten Umstände bescheinigt.
Weiters werden Geburtsurkunde, Lichtbildausweis und Meldezettel der betroffenen Person sowie ein Nachweis der Eignung des Erwachsenenvertreters (Formular beim Vertretungsnetz oder Strafregisterbescheinigung), dessen Lichtbildausweis, Meldezettel und ein Nachweis des Verwandtschaftsverhältnisses (z .B. Geburtsurkunde) benötigt.

1) Eltern, Großeltern, volljährige Kinder, Enkelkinder, Geschwister, Nichten und Neffen, Ehegatten, eingetragene Partner, Lebensgefährte (seit drei Jahren) im gemeinsamen Haushalt und Personen, die in einer Erwachsenenvertreter-Verfügung genannt sind.

Gerichtliche Erwachsenenvertretung

(früher: Sachwalterschaft)
Als letzte Möglichkeit ist die gerichtliche Erwachsenenvertretung für jene Fälle vorgesehen, in denen die o.a. Voraussetzungen für eine gesetzliche Erwachsenenvertretung vorliegen und
• nicht einmal mehr geminderte Entscheidungsfähigkeit für eine selbstgewählte Vertretung vorliegt,
• die zu vertretende Person keinen selbstgewählten Vertreter will,
• keine geeigneten Vertreter vorhanden sind (zum Beispiel weil es an nahen Angehörigen fehlt oder diese sich nicht einig sind),
• die bestehende Vertretung nicht ausreicht (zum Beispiel weil komplexe rechtliche Angelegenheiten zu besorgen sind und die konkrete Vertretungsperson überfordert ist),
• die bestehende Vertretung nicht zum Wohl der Person handelt.

Die Entscheidung erfolgt durch gerichtlichen Beschluß nach Abklärung durch den Erwachsenenschutzverein, Erstanhörung der betroffenen Person, Bestellung eines Rechtsbeistandes, evtl. Einholung von Sachverständigengutachten und mündlicher Verhandlung.
Mit einer vorsorglich errichteten Erwachsenenvertreter-Verfügung hat man die Möglichkeit, seiner Stimme trotz Verlust der Entscheidungsfähigkeit und möglicherweise nicht mehr ausreichender Artikulationsfähigkeit auch im gerichtlichen Bestellungsverfahren Ausdruck zu verleihen.

Broschüre "Erwachsenenschutzrecht" des Bundesministeriums für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz
Weitere Informationen erhalten Sie beim Bundesministerium für Justiz.


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